
Schranz
(SURROUNDINGS)
Schlechter geht es nicht. Besser auch nicht. Wild! Pathos. Cuba Libre und Vapes. Armstulpen und rote Haare. Southstar. Ein Vibrator in Eiffelturm Form. FUN. Humor. Gelnägel, Kondome mit Cola Geschmack, Kaffee aus dem Automaten ...

Nicht mehr glatt bügeln... Nicht mehr glatt bügeln!!!!!!! Ey - NICHT MEHR GLATT BÜGELN! Sag und mach doch mal das Gegenteil, das Falsche, das Wahre, wenn sich das Richtige immer so falsch anfühlt.
Ist das hier schon die Hölle oder Eskapismus, Hedonismus to go?, fragen sich die Bakterien im Stanley Cup.

Mir gab mal eine Redakteurin bei einem von drei 40 Stunden die Woche für 400 Euro im Monat Praktikum das Feedback, dass ich drüber schreibe, dass ich zu viele Metaphern und Anglizismen benutze. Keine Kommas setzen kann, Ja, stimmt!, Grammatik kann ich wirklich nicht. Germanistik studierte ich nur kurz, dann nahm ich Pilze.
Aber ich will trotzdem schreiben, wähle einen Tempus ohne an eine Zeit zu denken, und schranze voll auf denglisch rein. Sorry not Sorry! Warum muss alles heute so intellektuell und schlau, so elitär, so kühl, so relevant und sauber und korrekt, moralisch sein? Das gab, gibt es doch schon Alles. Lest doch Schranz, Tegel-Media, Janosch, Kahneman, Haraway, Ulysses und die Zeit.
Keine Likes, keine Zensur, kein Algorithmus. Keine KI, kein Lektorat.
Jetzt wird über die
Ränder gemalt, durch das Feld gebrettert, so wie Tschik und Maik Klingenberg in
Tschik.
Wir steigern uns, beschleunigen auf 30
km/h. Wrmmmm.
Dieser Blog ist inspiriert vom Leben, Moshfegh, Herrndorf und Gunty.
Vamos! Anschnallen.
Beamt euch bitte jetzt nach
PADERBORN
Dieser Blog soll aus dem Nichts eröffnen, wie eine Bar in einer Straße, die es nicht gibt. Eine, die es aber bräuchte, wenn man sich
verloren
fühlt, wenn die Risse pulsieren, die Brust namenlos drückt. Dann braucht es einen Platz, also Gehör.
In einer nebligen und kalten Nacht erkennt ihr die Bar
am knarrenden LED-Schild und findet Unterschlupf, könnt euch in weiße, warme, weiche Watte fallen lassen.
Wenn ihr hier gelandet seid: ❤️-lich Willkommen.
Setzt euch auf einen abgewetzten Hocker, stützt euren müden Kopf auf die Arme ab. Ihr müsst nicht sprechen. Greift zum goldenen Bier, und kippt einen kühlen brennenden Shot hinterher. Es brennt, wenn sich der Hochmut meldet, und jemand den Arm um euch legt. Spürt ihr, wie sich die Wärme in eurem Körper ausbreitet? Da ist Hoffnung, Verschmelzung. Alles was gedacht und gefühlt wird, kann wahr werden. Genau hier ist Zukunft möglich – weil eh alles schon egal scheint, aber auch alles so unendlich viel bedeutet. Einmal alles hinter sich lassen, sich kurz alles zutrauen und der Vergänglichkeit händereichend gegenübertreten. Alle Glieder entspannen sich. Wellness!
Es gibt hier kein Geschlecht, keine Herkunft, keinen Krieg, keinen Hass, kein Stress. Der Spielautomat summt angenehm, die Jukebox läuft, spielt Bowie. Der Abend endet nie, aber beginnt mit einem langen Kuss, mit einer nach frische Wäsche riechenden Person. Wer keinen Kuss will, kriegt den Kopf gestreichelt oder einen Hund auf den Schoss, ein Kreuzworträtsel oder Schachspiel vorgesetzt.
Scheisssssse, mache ich hier einen im ersten Absatz voll auf das
Cafe am Rande der Welt??? Das Design unterscheidet sich gsd. Danke für Alles! @Christina Mayer 🔥

Kurz zu mir: Meine Eltern lebten auf der gleichen Straße in Paderborn. In Paderborn wurde ich dann wenige Jahre später geboren und noch habe ich Familie hier. Genauer gesagt liegen hier zwei Opas über und zwei Omas und ein Vater unter der Erde, wenigstens unter einer echten, schönen Trauerweide. Joar. Der Rest steht dann zwischen den Zeilen, macht euch doch selbst ein Bild.
Aber ACHTUNG, ACHTUNG. DIESE TEXTE SIND AUTOFIKTIV ‼️
Das hier sind die Erzählungen, die Weisheiten, die Dummheit einer hochsensiblen Dreißigjährigen ohne Job, ohne Wohnung, ohne Partner, mit Privilegien, auf die niemand gewartet hat. In ihren Genen ist die ein oder andere tickende Zeitbombe vergraben, so wie bei dem alten Computerspiel Minesweeper.
Es könnte spannend werden. Aber wenn wirkende Kräfte sichtbar werden, wenn Illusionen platzen und man nicht mehr rennt sondern hinschaut, kickt es auch ohne Zündung ordentlich rein. Wie viele Jahre wurden verschwendet? Ist es schon zu spät?
Ich bin eine Frau - Holt mich hier raus!
Ich habe es mit den Beistrichen — hier noch einer. und noch ein längerer, ganz viele —------ J@@@@@@@@@@@@@@@:)
Hier kann ich machen, behaupten was ich will. Ohne Hand und Fuß kann ich mich zu einer Religion bekennen, eine neue gründen, mir eine Welt erschaffen. Heute existiert nichts außer mein Badezimmer. Ich liebe Badewannen. Dort sperre ich mich ein und bete meine Luvos Heilerde an, baue ihr den ganzen Tag lang einen Altar. Für so etwas hatte ich jetzt ein Jahr lang Zeit.
Befreie mich von dem Bösen, bröslige Heilerde. Ich nehme dich auch in den Mund, lasse dich auf meiner Zunge verweilen, schlucke dich, damit du die Schadstoffe besser binden kannst. Bitte binde meine zusammenhanglosen Gedanken doch auch gleich. Aber irgendwie du bist auch hässlich, verbrannt... Du schmeckst nicht gut, bist staubtrocken und das ganze Waschbecken ist nun versaut.
Wenn man etwas vergöttert, jemanden zu sehr aufwertet, zu viel hineinprojiziert liebt man es, ihn, sie nicht. Denn dann bleibt einem nichts anderes übrig als die Abwertung. Dann gibt es nur die Ent-täuschung, im wahrsten Sinne des Wortes.
Na gut, kommen wir zur Realität, zum Punkt, zum roten Faden. Spoiler: Es gibt keine und es wird sehr wahrscheinlich keinen geben.
Ab nach
MÜNCHEN
Es ist Winter. Aber der Himmel hier ist meistens blau und die Menschen altern gut, also die Wohlhabenden. Die älteren weissen Männer sind Vorstände, die Frauen arbeiten im Kunst- und Kulturbereich, gehen zum Yoga oder Pilates. Alle joggen sie im englischen Garten oder an der Isar und die Sonne scheint, wenn der Aperol am Mittag ins Hirn spritzt. München ist gleich Dorf Romantik, Urlaub. Fast Italien. Angeblich die Stadt für Singles.
Nur haben die schlecht gelaunten Hipster mit den schwarzen Salomon Sneakern (leider) schon zwei Kinder im Lastenfahrrad sitzen und die anderen Typen tragen Bootsschuhe und Barbour Jacken. Da geht mir (leider) keiner ab. Ich komme gerade aus Japan und wohne jetzt ein paar Monate hier. Dann? - Keine Ahnung. Go with the Flow.
>>Tokio first, Wiesn later<< schreibt mir L., und ich muss schmunzeln, freue mich wie immer, wenn er mein Leben (auf Instagram) kommentiert. Dadurch bekommt es einen Plot, wird zu einem Spiel.
Die Realität sieht so aus: Alena kratzt mich auf der Augustenstraße, vor dem Lotto Totto vom Bordstein auf und ich frage sie als erstes, wie schlimm meine Haut aussieht. Es gab da einen Unfall, zu dem wir noch kommen. Sie lacht und sagt >>Du strahlst<<. Ich fühle mich wirklich verseucht und freue mich auf die Isolation. Weil ich keinen Zugang zu meinem Geld habe, kauft Alena für mich ein. Dann bekomme ich ein Pfefferbrezn vom Bäcker und es ist saftig, knusprig, eine stabile 10/10. Dann bringt sie mich in Hannahs helle, schöne, teure 1-Zimmer Wohnung. Vom Bett aus schaue ich auf ein Poster von Björk, auf ein Klavier, einen Plattenspieler, ihre eigene Jazz-Platte mit ihrem verschwommenen, schönen Gesicht und viele kleine gelbe Reclam Bücher. Goethe, Rilke, aber mehr Hannah Arendt und Rosa Luxemburg. Ein Raum voller Hochkultur! Die Fake-Rosen und das Kunstwerk eines Sprayers geben ihm den schranzigen Touch. Dass meine beste Freundin jetzt nur eine Straße weiter wohnt, ist Tigerbalm für meinen verspannten Nacken.
In diesem gemachten Nest bin ich sicher. Hier kann ich mich vom Leben erholen und Frauen Power Tee trinken. Hier am Eiermann Schreibtisch werde ich schreiben. Noch ahne ich aber nicht, was ich (nicht) ausbrüten werde. Ich schlafe eine Woche durch. Heute, am Dienstag gehe ich das erste Mal raus und verabrede mich mit Alena auf dem Markt am Josephsplatz.
Bis ich sie hier treffe schaue ich mir die homogene Masse genauer an, fühle ein wenig Ekel. Die Menschen sind alle zwischen 20 und 40, schauen weder glücklich noch unglücklich, ferngesteuert aus. Sie verbringen ihre Mittagspause dort an den runden Stahltischen oder sitzen auf den Bänken und einige von ihnen beißen in eine knackige Bratwurst, oder nehmen sich gerade am Stand etwas Ketchup nach. Mhhh… eine Belohnung, dann geht es wieder in das Office, bis fünf.
>>Bald, im Frühling, können wir eeeendlich wieder Spikeball und Paddletennis spielen!<<
Schon ein Jahr habe ich Mittagspause. Ich reiste und schrieb ein neues Buch Sourroundings - wahrscheinlich ein Schuss in den Ofen. Man rät mir über mich hinauszuwachsen, fiktiv zu schreiben. Diese Versuche strapazieren meine Synapsen. Alles ist möglich?! Mauern könnten sprechen und Ratten die Weltherrschaft übernehmen, den Planeten retten. Paula Beer könnte sich als Protagonistin in eine Frau verlieben, ihren Mann verlassen und dann durch das zu lange Hinschauen in eine Waschmaschine im Waschsalon wahnsinnig werden, sich im Multiverse verlieren - immer wieder neu anfangen. Ein bisschen wie bei Everything, everywhere All at Once. Ich schaffe es mit einiger Anstrengung dass Ich zu streichen, und es X zu nennen. Schweiß tropft mir von der Stirn, wie in einem Manga. Noch bin ich gefangen und für den Moment (weitere Monate) beschließe ich mich selbst zu bestreiken, widme mich den kleinen Dingen, wie meinem ominösen Ego. Mein Ego oder nach Freud das Es folgt dem Lustprinzip, hat eine männliche Energie und lieeeebt Männer!
Es will nach dem Sex nicht kuscheln, will Bier saufen und Grenzen überschreiten. Es liebt vietnamesisches Essen, hat es aber heute auf die Bratwurst abgesehen. Nennen wir Es doch Diego. Die nächsten Stunden werden Diego und ich die kognitive Dissonanz aushandeln, weil ich kein Fleisch esse. Der innere Kampf ist mein Sport. Ich spüre wie ich kognitiv Kalorien verbrenne.
Allgemein fühle ich mich wie eine laufende soziologische Studie mit sehr vielen unabgesperrten Baustellen, für die sich der beste Freund meines Vaters und seine Frau, vier enge Freundinnen und vielleicht hundert Follower*innen und zwei Verehrer interessieren. Sie alle warteten nach Feelings letztes Jahr auf weitere Ergebnisse und Publikationen, aber ich blieb bei der Auswertung mit SPSS hängen.
Endlich kann ich Alena jeden Tag treffen. Aber sie hat etwas zu tun, ein Business, und telefoniert oft, was ihr ganz anders als dem Rest der Generation nichts ausmacht. Ich bekomme keine Anrufe, aber wenn ich einen bekommen würde, würde ich nicht rangehen und die Nummer als Hhh einspeichern und mir das WhatsApp Profilbild anschauen.
Diego reißt mich aus den fast positiven Gedanken, direktiert mich in preußischem Ton zum Kuchenstand. Ich muss lachen! Ein bisschen mag ich ihn eh.
Leider habe ich zu wenig Bargeld für eine Quiche, aber die Münchner*innen sind überwiegend gut gelaunt, weil sie reich sind... noch nie sah ich so viele Porsche! Also gibt mir eine Frau mit Crossover-Body Tasche, in Strumpfhose, Rock und langem Mantel, einer Mütze, Veja Schuhen (eine Uniform) einen Zwiebelkuchen aus. Danke, vielmals! Das ging leider nicht an jemanden, der es braucht.
Sind wir jetzt befriedigt? Nein, gar nicht! Diego will Wurst. Diego schaut übrigens aus wie die Figur aus den Gorillaz Musikvideos. Ich versuche es mit einem Kompromiss:
>>Heyyyyy Bro... Komm schon. Ein Schwein zu essen ist mir wirklich zu banal. Wenn schon Destrudo, dann richtig. Bald, versprochen! Mit Applaus und Knall gehen wir raus, zerstören irgendwas! Uns! Die Wurst ist kein Fun. Erinnerst du dich nicht an den Film Okja, den wir mal geschaut haben, das Casting bei der Schweinezucht? Du kannst wirklich tausend andere Sachen, Ersatzprodukte essen. Reisnudeln mit Tofu, in Zuckerwasser? Wie wäre es mit einem Buch, das mögen wir doch beide!?<<
Diego kratzt sich am Kopf und sabbert.
>>ZwEi BüCheER!!!<< stöhnt er zurück und reißt das Poster seines aktuellen Schwarms von einer Wand in meinem Kopf, rammelt sein Kopfkissen.
Gut, dass hier wirklich eine Buchhandlung liegt. Ich lasse mich von der stark nach Rauch riechenden Besitzerin, die hinter der Kasse sitzen bleibt, beraten. >>Das ist total abgedreht<< kriegt mich sofort. Es wird Nightbitch von Rachel Yoder und Struktur und Arbeit von Herrndorf, weil das ein Charakter in Siri Hustveds Buch Ein Sommer ohne Männer ein fiktiver Charakter einem anderen in einer Lebenskrise empfohlen hatte. Ich liebe Querverweise, schon gemerkt?
Als ich die 50 Euro zahlen soll, steigt die Wattzahl meines Körpers. Oh Wow. Mein Apparat brennt. Was ist so unangenehm? Was stresst mein System?
1) Ich gebe zu viel, zu schnell Geld aus
2) Ich kann nicht mit der Karte am Handy zahlen aber habe keine Geldkarte und kein Bargeld
3) Mir ist einfach nur warm
Alles davon! Das Kartenlesegerät ist zu alt. Wir versuchen es drei Mal. Ich sage ihr, dass ich eben Geld abhebe, verspreche mein Wiederkommen, welches eine Lüge ist und flüchte. Jetzt kann ich hier nie wieder Bücher kaufen, muss aus München wegziehen, aber habe Geld gespart... Später bestelle ich fünf andere Bücher auf Medimops. @Diego - Von mir aus auch Fourth Wing, wenn dir der Rest zu feministisch, zu sachlich ist. Er ist belustigt von meinem noch legalen Regelbruch, von meinem Scheitern.
Eine strahlende Frau steht vor mir und wären wir Goldies 🐶 würden wir jetzt mit den Schwänzen wedeln. Wir holen uns einen Kaffee, lachen und sind getrieben. Wir landen in der Kirche und stimulieren uns mit der Existenz und Betätigung des Weihwasserspenders. Was ich an Alena am meisten mag, ist ihre Wärme und dass sie so lustig ist.
DER KOFFEIN IN DER ZWEITEN ZYKLUSHÄLFTE IST SCHLECHT. ABER ER KICKT. Es ist der beste Moment des Tages. Diego pennt.
Ich frage mich, ob und welches Smartphone Jesus hätte, und alle anderen Götter?, ob es unhöflich ist, in der Kirche am Handy zu sein und ob ich nochmal an irgendwas (anderes als Heilerde) glauben werde? Meine liebste Assoziation mit der Kirche ist die Beichtstuhl Szene aus Fleabag. Als Kind kannte ich alle Bibelgeschichten, schrieb Gebetstücher, Amen in Glitter-Graffiti-Schrift. Da war ich noch ein guter Mensch. Der Rest ist Geschichte.
Wir stecken zwei Kerzen an, ich eine für ihre Oma, sie eine für meinen Vater. Da stehen wir dann und schauen uns kurz in die Augen. Noch bevor diese feucht werden können, erlöst mich das vibrieren
meines Handys
und ich öffne Instagram, als würde mein Leben davon abhängen, innerhalb von fünf Minuten auf jede DM antworten zu müssen. Meine Engagement-Rate interessiert wirklich niemanden. Ich chatte mit Lennart und plane unsere Kneipentour und unsere WG in Berlin, obwohl wir uns noch nie gesehen haben. Aus den Augenwinkel sehe ich Alena weinen. Es gibt kein richtiges und falsches Trauern. Aber sie macht es gut. Ihr bedeuten die Menschen, die Dinge noch etwas. Sie gibt sich Mühe. Ich gab auf, legte mir das Motto >>Egal<< und eine fehlende Objektkonstanz zu. Tipp!! Hilft wenn man eine Großmutter oder eine Sonnenbrille verliert, aber schlecht wenn man ein ernsthaftes Leben, eine gesunde Beziehung führen will.
Alena putzt sich die Nase und geht zurück ins Zirka, telefonieren. Ich laufe weiter durch die Maxvorstadt, zum
Café Jasmin.
In der Zeit, in der ich dort die Zeitung
lese, aber nicht mehr als zwei Artikel aufnehmen kann, weil ich so damit beschäftigt bin meine Gefühle zu ordnen, meine Komplexe zu falten, meine Konturen zu spüren, hat meine Schwester zwei Unternehmen gegründet.
In der Zeit, in der ich auf meinen Kartottenkuchen warte,
haben sich Millionen
an Männern genommen, was sie wollen, ohne sich, ohne
das
zu hinterfragen.
Ja... so ist das, würde meine Oma jetzt sagen und auch wenn ich kein Fleisch esse, würde ich mich jetzt gerne in ihr Gulasch legen.
Ich sitze hier, ohne etwas zu tun und schaue mich im Cafe um, streichle das Samtsofa, fühle wenig.
Diego
wacht auf und tritt gegen meinen präfrontalen Kortex. Er löst wie ein Kind im Mutterleib Bewegungen auf meiner Stirn aus. Gut, dass niemand schaut.
LAAAAANGWEILIG!!! brüllt er.
>>Spannender als ein Lieblingscafé zu haben, wird's in München nicht<<, sagte mir hier schon mal ein Mann mit schönen Augen. Ich finde gut, dass es hier kein W-LAN gibt und gebe meinem verbeulten Macbook einen Hotspot. Dann verbrenne ich in Rekordgeschwindigkeit Geld, schmecke die Inflation in Form eines Ingwertees, beobachte den Raum und scanne die Anwesenden. Drei Personen haben Geburtstag und trinken Sekt. Durch diesen Ausnahmezustand fühle ich mich kurz besser. Ich sehe Frauen über Männer sprechen und Dates, die lieber reden als ficken oder lieber ficken als reden würden. Nur eine Unterhaltung lässt mich aufhorchen. Zwei Männer sprechen über ihre Psychosen und die Zeit in der Klapse. Das ist mein Metier. Dann fragt der eine >>Bist du Bi, Gay, oder Queer?<<. Bei ihnen würde ich echt gerne einsteigen. Aber da ist diese Hemmung, die unsichtbare Distanz, wegen der ich trinke.
Ein Blick in die Karte: Sekt? Oder veganes Rührei für 12,90 Euro? Es wird ein weiterer Kaffee, der mich wenigstens erregt, voll aus den Angeln hebt. Total high verlasse ich das Café, wanke in den Rewe, lande bei den vegetarischen Rügenwälder Mühle Würstchen. Schrott pur. Nutri Score E.
Da fällt mir ein, dass schon lange niemanden mehr über BH - Größen gesprochen hat. Was habe ich aktuell? B? Zwei volle, kleine Reisschalen, sagte mal jemand, und das fand ich besser als einen Buchstaben.
So und jetzt? DM oder Rossmann? Dm! Müller ist am schranzigsten! Haferflocken, Karottenöl für das Gesicht und Hafermilch, Matchapulver, Duschgel von Weleda. Refresh, Inspire, Vitality oder Energy? Rosenwasser und Babycreme von Alverde. Ist es Zeit für nachhaltige Wattepads zum abschminken? Nicht heute... Mit dem Handy zahlen, dieses befriedigende Geräusch, wenn die Zahlung durchgeht. Der Nervenkitzel. Ich zahle, also bin ich.
Ich zittere am ganzen Körper, aber es wird dunkel. Erleichterung. Ab jetzt bin ich nicht die einzige, die nicht arbeitet. Zur Belohnung lasse ich mir eine Badewanne ein, esse das zähe Ersatzprodukt aus der Plastikpackung, während ich mit dem Fuß die Wassertemperatur checke. Fuck. VIEL ZU HEISS! Mein Fuß geht in Flammen auf.
Irgendwas muss bald passieren, denke ich, als ich aufgeweicht im kalten Wasser, in meinem Dreck liege und mich lieblos rasiere. Das Kerzenlicht beruhigt mein Nervensystem, aber das Eukalyptus - Erkältungsbad, wenn man nicht erkältet ist, war ein Fehler. Ein frisches Handtuch wär auch cool. >>Wasser ist definitiv dein Element<<, erkannte der ayurvedische Masseur Markus vorgestern, der mich für 90 Euro so leidenschaftlich und fest berührte, dass es etwas mehr als gut tat. Nach seiner Behandlung saßen wir uns gegenüber, seine Augen verschwanden beim Reden in seinem Hinterkopf. Er bot mir einen Rabatt für die nächste Session an, riet mir zu einer Akkupressurmatte für mehr Erdung. >>Du hast Power. Aber dein Herzchakra ist geschlossen, hast du schon mal MDMA genommen?<<. Ich spürte das seltene Glänzen in meinen Augen.
Ich ging durch den Regen zum Bus und fand Markus' Instagram Profil. Es war leider sehr unsexy - spirituell. Auf jedem Bild schaut er er gleich und sein Triangle of Sadness ist sehr präsent. Die Sprüche sind ebenfalls nicht originell. Gestresst? Ab in die Berge. Trotzdem denke ich an ihn, eigentlich nur an seine Hände. Diese sanften Pranken. Warum stehe ich so unfreiwillig, aber notwendig auf große Hände, bin so dermaßen fokussiert auf Männer? Ah, da war ja was. Die Evolution & das Patriarchat. >>Schieb nicht immer alles auf die Gesellschaft<<, würde Felix jetzt sagen.
Mit dem Wasserstrahl befriedige ich mich, was nicht nachhaltig, aber schon konditioniert ist – ein Garant. Doch dieses Mal ist es anders, ich lande in einer Black Box. Ich setzte dort etwas in Bewegung, spüre etwas Großes, etwas, das das ganze Universum ins Wanken bringt, eine grenzenlose Energie. Es gibt ein Portal. Ich sehe das Universum explodieren.
Tausend neue Sterne entstehen. Wir sind Eins, wollen doch alle nur geliebt werden. Penggggg.
GuNa

Ein neuer Tag, neues Glück. Heute bin ich mit Freundinnen für die Lesung Hässlichkeit von Moshtari Hilal im Habibi Kiosk verabredet. Alena und ich kommen zu spät, weil wir mit ihren Eltern kochen und über Kunst sprechen, über Design, Fotografie, Literatur. Kultur.
Für mich ist das immer noch neu, belebend und identitätsstiftend. Ich wuchs mit Formel1 Geräuschen, Gesprächen über Fußball und das Auto der Nachbarn auf.
Leider kommen wir deswegen aber nicht mehr in den Store rein, trinken stattdessen Wein im blauen Haus. Kurz vor Ende quetschen wir uns dann mit unseren Daunenjacken doch in den vollen Laden, was genervtes Stöhnen zur Folge hat. Wie erwartet finde ich Moshtari toll. Alles an ihr ist authentisch und gehaltvoll, ihre Worte sind ruhig und schlau. Sie spricht in den letzten Minuten von der hässlichen Entwicklungen in der Politik. Vor zwei Wochen habe ich in ihrem Buch geblättert, es mir kaufen wollen, mich dann aber doch für ein anderes entschieden. Auch heute habe ich nicht genug Bargeld dabei, um es gleich signieren zu lassen. Aber Alena hat ein Feelings dabei, rät mir es ihr zu schenken. Eine Managerin halt.
Ich stelle mich in der Schlange an und werde nervös, höre nicht auf meinen Körper, das Warnsignal. Als ich an der Reihe bin, greift sie zum Buch und will es signieren. Dann ist sie verwirrt und mir fehlen die Worte. Ich erzähle schnell irgendwas, von meinem eigenen Leidensdruck bezüglich der Schönheit, spreche von der Rolle meiner Mutter darin. Ich erzähle von der Hautärztin, die sagte dass ich abgesehen von meiner Akne ganz hübsch wäre, dass mein Vater ein Spiel mit mir spielte, die Nennung der Körperteile, die ich an mir schön finden würde und als Jugendliche beschränkte sich das dann bald auf die Unterarme. Ich halte mich an meinem Aussehen aus...Irgendwas ist immer - der Kapitalismus... blablabla.
Sie hört zu und nickt freundlich, fragt mich dann, ob ich ihr Buch gelesen hätte. Ich lüge und sie freut sich über mein Geschenk, aber nur aus Höflichkeit. Natürlich durchschaut sie mich und die Hässlichkeit, die in Lügen liegt. Nun soll Buch ich ihr mein Buch signieren und schreibe ihren Namen falsch. Meine Haut stellt sich auf, will von mir fallen, mich als Skelett da stehen lassen und ich frage mich ebenfalls, warum ich so komisch handle. Dass ich FAN bin stimmt ja irgendwie, die Anekdoten traurigerweise auch. >>Morgen lese ich dein Buch auf der Fahrt im Zug<<, verabschiedet sie mich. Ich ziehe beschämt ab.
>>Star-truck?,<< fragt mich Martin auf dem weg zur Tür. Dissoziiert, denke ich, aber nicke niedlich, brauche frische Luft.
>>Schau du kannst das, auch nüchtern. Ich habe ein Foto für dich als Reimender<<, sagt eine Freundin stolz. Ich bin verwirrt, bahne mir einen Weg nach draußen. Auf der Straße steht der Typ, der im Kiosk arbeitet und er ist bisher der coolste, den ich in München gesehen habe. Schon vor Wochen begegnete ich ihm hier, weil ich den Kiosk für den Eingang der Kammerspiele hielt. Er winkte mich herein und machte dann einen Strich auf ein eingerahmtes Stück Papier für eine, einen weitere Passant*in, die/ der eigentlich das Theater sucht.
Alena kommt dazu, spricht auf türkisch mit ihm. Sie kann nur fünf Worte, aber diese und ihre Ausstrahlung sprechen Bände. Er sieht eine Straßenband und ruft sie zu sich rüber, gibt ihnen zwanzig Euro, damit sie spielen. Die Musik ist mittelmittäßig. Er tanzt, filmt und hat riesigen Spaß. Er raucht Kette, hat Akne, trinkt keinen Alkohol, ist offen, wirkt authentisch und frei von Komplexen. Seine Ausgelassenheit lässt mich meine Angestrengtheit spüren. Erschüttert schaue ich auf meine blauen Wollsocken in den pinken Carrel Ballerinas und meinem ungebügelten Mantel. Ich gehe einfach los, schicke eine Ausrede in die Gruppe. Was jetzt? Das Gewissen mit teuren oder sehr günstigen Cocktails abtöten, jemanden aufreißen, der mir sagt, dass ich gut bin oder schlafen gehen? Es gibt keine Chance mehr, dass ich heute irgendwo ankommen werde. Die Innenstadt ist deprimierend und es fängt an zu regnen.
Meine Sommerschuhe fallen auseinander, lösen sich auf und ich fühle den Sound in meinem Ohr Running up that Hill. Zuhause trifft sie mich erneut, die Wunde Leben: Das Bett ist nicht überzogen, die Bettwäsche noch NASS. SCHEISSE !!!!!!! Ich muss zur Beruhigung etwas essen, aber habe nur Reiswaffeln, Olivenöl, Speisemotten und Datteln. Als ich die Wärmflasche füllen will, verschütte ich das brennende Wasser auf meinen Bauch.
Mein Kopf läuft auf Hochtouren, rattert, raaattttter, rattert! Dann platzt er auf. Mein Gehirn spritzt durch die Küche – alles ist GRÜN. Die ganze Küche ist voller Matcha-Pulver und Glibber. Kleine aufziehbare Spielzeughunde tapsen durch die Wohnung, und kleine braunhaarige Barbies mit großen Brüsten spritzen ab. Diego tanz mit einer davon Bachata. Er ist geschminkt. Ich rutsche auf der Masse aus und weiß nicht, wie mir geschieht.
Ich wache am nächsten Morgen auf dem Boden auf. Mein Gesicht klebt an der Fliese, aber mein Kopf ist zugenäht. Ich checke mein Handy, schaue nur durch ein Auge und lade eine Story, ein Bild der letzten Minute der Lesung hoch.
Sabrina antwortet mir sofort darauf: >>Das Buch hat für mich alles verändert. Mein Hirn so: 🤯 <<. >>Same here!<< schicke ich und es ist ziemlich akkurat. Mir fällt das Handy mitten in das Gesicht - der finale Knockout.
IN MY SISYPHUS AREA
Ich gehe in die Bücherei, in der ich mich noch Blicken lassen kann und kaufe das blöde Buch. Es ist sehr gut. Es ist sehr, sehr gut. (Ich habe es immer noch nicht gelesen).
Mein Handy klingelt und es ist mein Opa, der nach meinem Leben fragt. ERROR 404.
Ich versuche Stärke in meiner Stimme zu finden, erzähle ihm von meiner neuen Erkenntnis, labere dann etwas von einer potentiellen Förderung und Selbstständigkeit, von einer Artist-Residency, die ich gewonnen habe. Wie immer seie ich total verliebt ... Ich weiß es doch auch nicht!
Mein Opa ist 94 Jahre alt, hat sich als Junge als Kleinkind verkleidet, um nicht in den Krieg eingezogen zu werden, hat dann Hochspannungsmasten gestrichen und sich so sein Studium finanziert, innerhalb von sechs Semestern sein Examen gemacht und sich zum Bürgermeister hochgearbeitet. Der checkt natürlich nicht warum ich jetzt rote Haare habe, meinen Platz in der Welt nicht finde... die Befindlichkeit, das Leid der der Künstler*innen, der Sensiblen. Zu viele Möglichkeiten!?
>>Wird der Neue denn der Vater deiner Kinder?<<
Ich lache. >>Neee. Was soll ich dem Kind denn beibringen, Sich selbst fertig zu machen? Erstmal ein Hund, erstmal eine Idee von einem Leben, ein Wohnsitz, ein Personalausweis?! Um gottes Willen - Ich muss verhüten!<<, überlege ich laut.
Er antwortet auf unserer letzten gemeinsamen Strecke etwas unerwartet nettes, für mich bahnbrechendes:
>>Dein Leben hört sich strapaziös an. Ich würde dir ja einen Beamten als Partner wünschen. (Keinen Macker). Aber du willst ja immer die brotlosen Künstler. Immerhin bist du unterhaltsam! Und Fantasie hast du. Also langweilig bist du nicht<<. Dann fügt er ein Sprichwort aus NRW hinzu: >>Alles in Maßen. Nur Schnaps aus dem Eimer<< und lacht sich kaputt.
In meiner Gedankenwelt bildet sich ein Mindmap. Es macht klick. Alles rastet ein. Wie durch eine Diagnose macht mein Jahr von einen Moment auf den anderen Sinn. Es ist Zeit für A, A - Anarchie, Autonomie? Eintritt in die AA? Liebevolle Akzeptanz? Ich muss nicht wie seine Frau mir immer scharf ins Gesicht schlug die Kurve kriegen. Ich nehme kein Heroin, aber tatsächlich macht die Geschichte von Christiane F. mehr mit mir als die Aussicht auf 2.300 Euro brutto für 40 Stunden die Woche in einer Agentur eines Mannes, für den sein Team eine Familie ist. Sorry - Ich bin zu beschäftigt meine eigene Familiengeschichte aufzuarbeiten.
>>ICH HAB'S!!!<<, schreie ich manisch. So fülle ich ein halbes Jahr später meine Domain-Factory-Webseite, die mir Alena in Italien zum 30. Geburtstag schenkte und vergesse immer die Änderungen zu speichern. Es macht mich rasend, aber der Kundenservice ist echt nett.
Alena telefoniert natürlich mit ihnen. Ich sitze daneben, habe mir eine Heilerdemaske gemacht, einen Tanga im Haar und ziehe an meinem HHC Vape made in Heaven, also Malta. Mich überzeugte der Spätibesitzer, obwohl das Teil dreißig Euro kostete: >>Drei Züge und du fliegst!<<.
Mein heutiger Spruch auf dem Yogi-Tee ist
>>Liebe deine Seele<<.
Ich sehe meinen Opa in Paderborn auf seinem Vitra - Ottoman - Nussbaum Lounge Chair sitzen, sehe, wie er sich fragt, was das für eine Welt geworden ist, aus der er herauswächst.
Gerade als die Sonne und eigentlich auch der ganze Planet untergeht und der Großvater sich einen guten Rotwein einschenkt, etwas von Bofrost auftaut, fange ich an etwas zu verstehen, etwas in
Frage zu stellen...
zu kämpfen!
